2154: Zweite vulkanische ReformationDie Zweite vulkanische Reformation ist eine Periode weit reichender politischer und im weiteren Verlauf auch gesellschaftlicher Veränderungen auf Vulkan, die im Sommer 2154 ihren Ausgang nehmen und die langfristige Zukunft des Planeten Vulkan maßgeblich beeinflussen. Tatsächlich handelt es sich um den Beginn der größten Umwälzungen Vulkans seit der Zeit des Erwachens, Suraks ursprünglicher Reformation fast zweitausend Jahre zuvor. Der Schlüssel zu diesem politischen Strukturwandel ist eine philosophische Neuausrichtung der vulkanischen Gesellschaft, der mit dem Fund eines alten Artefakts einhergeht. Trotz des zunächst friedlichen politischen Wechsels erlebt Vulkan im weiteren Verlauf einen Bürgerkrieg, bevor es einen wahren Neuanfang in Politik und Gesellschaft begehen kann.
UrsachenSeit dem Tode Suraks, dem Urvater der vulkanischen Logik, und mit dem Fortgang der Jahrhunderte gingen die meisten seiner ursprünglichen Schriften verloren. Dementsprechend wurden seine Lehren im Laufe der Zeit zum Gegenstand zahlreicher Interpretationen. Insbesondere der Aufstieg des vulkanischen Oberkommandos von einer zunächst auf Erforschung und Wissenschaft ausgerichteten Organisation zu einem dominanten, autoritären Regierungskörper mit weitreichenden militärischen Vollmachten trug zu einer weitgehenden Revision von Surak bei. Letztere sollte auch und vor allem dazu dienen, die Weichenstellungen und Entscheidungen zu legitimieren, die die politische Klasse vornahm. Da es an Originalbelegen fehlte, berief sich das Oberkommando bei jeder seiner Gesetzesreformen auf Suraks vermeintlichen Willen und Wunsch.
Im Zuge dieses Prozesses, der zwischen dem irdischen 21. und 22. Jahrhundert besonders virulent wurde, wurden Suraks tatsächliche Vorstellungen von einer friedlichen und toleranten vulkanischen Gesellschaft massiv kompromittiert. Die vulkanische Innenpolitik wurde zusehends repressiver. Minderheiten, die etwa die vulkanische Geistesverschmelzung praktizierten und/oder einen emotionaleren Lebensstil prägten, wurden zu politischen Rebellen erklärt, verfolgt und verhaftet. Nach außen wiederum paktierte das vulkanische Oberkommando mit moralisch fragwürdigen Regimen, setzte mithilfe politischer Erpressung auf mehreren Welten Marionettenregierungen ein und leistete sich spätestens seit dem ausklingenden 21. Jahrhundert eine zunehmend militärisch geführte Konfrontation mit den Andorianern, was zu Spionageeinsätzen und Grenzkämpfen führte. Tatsächlich sollte sich später herausstellen, dass besonders radikale Elemente im Oberkommando längerfristig mit einer Invasion Andorias liebäugelten.
Das Verhältnis zur Erde, der Vulkan seit dem Ersten Kontakt (2063) helfend beim Wiederaufbau zur Seite gestanden hatte, kühlte sich seit Beginn des 22. Jahrhunderts sukzessive ab, da das vulkanische Oberkommando keine Menschheit wünschte, die sich als einflussreicher Akteur in der stellaren Region betätigte. Insofern versuchten die Vulkanier spätestens mit der Entwicklung und Erprobung des NX-Programms, einen echten Aufbruch der Erde in den Weltraum auszubremsen und zu verzögern. Auch nach dem Start der Enterprise, NX-01, führte diese unkooperative Haltung zu verschiedenen Spannungen und Konflikten.
Im Jahr 2154 sollte sich herausstellen, dass Administrator V’Las - der amtierende Regierungschef, der sich im Laufe der Dekaden weitgehende Alleinbestimmungsrechte gesichert hatte - vorhatte, einen konservativen Umbau der vulkanischen Gesellschaft weiter massiv voranzutreiben. Dazu gedachte er, sich der Syranniten, einer der größten (und für ihn gefährlichsten) Oppositionellengruppen auf Vulkan, gewaltsam zu entledigen, die er als extremistische Sekte brandmarkte. V’Las ersann eine Intrige, in deren Verlauf er einen vermeintlichen Anschlag auf die Botschaft der Vereinigten Erde auf Vulkan den Syranniten unterschob. Dies nutzte er als Vorwand für die Initiierung einer gesellschaftlichen Totalüberwachung sowie eine brutale Säuberungsaktion. Durch ein Flächenbombardement der T’Karath-Höhlen im Glühofen brachte er zahlreiche Mitglieder dieser Fraktion um.
Nach außen wiederum standen V’Las und sein Regime kurz davor, einen Präventivkrieg gegen Andoria ins Werk zu setzen. Auch hier bediente man sich eines falschen Vorwands und präsentierte vermeintliche Beweise, wonach Andoria heimlich an einer auf Xindi-Technologie basierenden Waffe arbeite und diese gegen Vulkan einzusetzen gedenke. V’Las überzeugte das Oberkommando von einem Präventivschlag und gedachte, so hart gegen die langjährigen Kontrahenten Vulkans vorzugehen, dass diese quasi zu einem vulkanischen Protektorat wurden. V’Las träumte davon, Vulkans Stellung als interstellare Macht zu begründen, und orientierte sich dabei eher an romulanischer Politik, über die er offenbar weit mehr zu wissen schien als die meisten anderen Kreise - möglicherweise weil er mit ihr im Bunde war.
Fund des Kir'Shara als WendepunktCaptain Jonathan Archer von der Enterprise, seinem Ersten Offizier Commander T’Pol und der Syranniten-Bewegung unter T’Pau gelang es mit vereinten Kräften, das lange verschollene vulkanische Artefakt namens Kir’Shara inmitten des Glühofens wiederzufinden und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Kir’Shara enthält einen großen Teil des Korpus von Suraks ursprünglichen philosophischen Schriften (UMUK-Philosophie). Damit besaß das vulkanische Volk zum ersten Mal die Möglichkeit, Suraks politphilosophische Vorstellungen von einem friedfertigen und fortschrittlichen Vulkan mit der politischen Realität unter V’Las’ Herrschaft zu vergleichen. Nun wurde für jedermann ersichtlich, wie weit Vulkan unter der verselbstständigten Autorität des Oberkommandos vom Weg abgekommen war, den Surak einst eingeschlagen hatte. Die Korrumpierung vieler Lehren des Logik-Urvaters durch die vulkanische Politik lag auf der Hand.
Als V’Las erkannte, dass seine Machtbasis erodierte, ergriff er die Flucht. Dies gelang ihm möglicherweise mithilfe romulanischer Agenten. Obwohl er erst einmal von der Bildfläche verschwand, wurde sein Regime binnen weniger Wochen abgesetzt. Die über lange Zeit als Dissidenten verfolgten Syranniten rückten plötzlich ins Zentrum der politischen Gestaltung auf dem Planeten, da erkennbar geworden war, wie authentisch ihre Positionen viele der ursprünglichen Ansichten Suraks reflektierten. Es ereignete sich ein tiefgreifender Machtwechsel, in deren Folge T’Pau zur neuen Regierungschefin Vulkans wurde (nun Erste Ministerin genannt). Eine ihrer ersten Amtshandlungen bestand darin, das Oberkommando aufzulösen und die Flotte von V’Las-Getreuen zu reinigen (was zunächst eine Schwächung der vulkanischen Streitkräfte bewirkte). Ohne Verzögerung wurde Vulkans Konfrontationspolitik mit Andoria beendet und eine friedliche Aussöhnung mit dem Nachbarn gesucht sowie die Verfolgung und Bestrafung von Verschmelzern aufgehoben. Der Vereinigten Erde wurde zugesichert, auf eigenen Beinen stehen zu können; sie wurde von Vulkan nun als Partner auf gleicher Augenhöhe ohne weitere Einmischung und Gängelung in ihre inneren Entscheidungsprozesse anerkannt.
Kurzfristige und langfristige FolgenIhre Legitimationsbasis stützte die syrannitische Regierung fortan auf das Kir’Shara, welches nun intensiv von einer ausgewählten Gruppe Gelehrter studiert wurde. Trotz eines verheißungs- und hoffnungsvollen Starts von T’Paus neuer Administration, der vor allem in der Außenpolitik den so dringend benötigten Neustart brachte und mittelfristig zu einer effektiveren Formierung der Koalition der Planeten (2152-61) beitrug, ergaben sich innenpolitisch schnell neue Probleme. Zwar bot die Orientierung am Kir’Shara-Korpus die Richtschnur für politisches Handeln, doch rasch stellte sich heraus, dass viele Fragestellungen nicht hinreichend von den geborgenen Schriften beantwortet werden konnten und Suraks Grundsätze je nach Traktat von Widersprüchen und Positionsänderungen bestimmt gewesen waren.
T’Pau, die einst versprach, die Logik und Suraks Lehren in die Politik und das gesellschaftliche Leben ihrer Welt zurückzubringen, entwickelte sich binnen weniger Jahre zu einer autoritären Machthaberin. Sie bekämpfte abweichende Ansichten und Gruppierungen wie zum Beispiel die V’tosh ka’tur und errichtete eine Art Logikdogma. Als im Frühjahr 2156 der Krieg zwischen Koalition und Romulanern ausbrach, waren die Vulkanier stark mit sich selbst beschäftigt und ließen sich von ihren Verbündeten nur unter Mühen zum Eintritt in den Konflikt bewegen. Die syrannitische Administration überlebte die Dauer des Irdisch-Romulanischen Kriegs (2156-60) nicht. Als 2161 die Vereinigte Föderation der Planeten gegründet wurde, lag ein Bürgerkrieg mit nicht unbeträchtlicher Opferzahl hinter Vulkan und die Erkenntnis war gereift, dass das politische und gesellschaftliche System weiter und grundlegend reformiert werden musste.
Trotz der enormen politischen Verwerfungen und des Irrwegs infolge der Absetzung des Oberkommandos beziehungsweise der Machtübernahme der Syranniten bildete die Zweite vulkanische Reformation den Ausgangspunkt für eine gravierende Neuorientierung der vulkanischen Gesellschaft. So gelang es dem Planeten tatsächlich, sich auf den Pfad von Frieden, Nichteinmischung und Logik zurückzubesinnen und zu jenem unverwechselbaren besonnenen Akteur innerhalb der Föderation zu werden als der Vulkan auch noch Jahrhunderte später bekannt sein wird. Infolge der Entdeckung des Kir’Shara lernte Vulkan, dass die ausschließliche Orientierung an betagten philosophischen Schriften und Vorgaben nicht genügt, um eine moderne Gesellschaft in Suraks Sinne zu gestalten. Die Vulkanier entwickelten ein aufgeklärtes Verhältnis zu ihrem großen Vorbild, ohne dabei außer Acht zu lassen, dass jede Zeit ihre eigenen Themen und Herausforderungen hat. Auf diese Weise wurde Vulkan jenseits seiner auf den ersten Blick eher konformistisch anmutenden Oberfläche zu einer der tolerantesten und anpassungsfähigsten Gesellschaften in der Föderationsfamilie. Referenz
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