InhaltThe Soul Key führt die Handlung von Fearful Symmetry quasi nahtlos fort. Der Iliana Ghemor aus unserem Universum ist es gelungen, in das Paralleluniversum der Allianz vorzudringen, wo sie damit begonnen hat, ihren dunklen Plan in die Tat umzusetzen. Sie gibt sich als Intendantin Kira aus, was mühelos gelingt. Iliana wurde ja auch nicht nur vom Obsidianischen Orden so verändert, dass sie aussieht wie Kira Nerys – sie glaubt auch durch ihre dramatische Vergangenheit infolge der (nicht reibungslos verlaufenen) Operation tatsächlich, die wahre Trägerin von Kiras Identität zu sein.
Wo viele Fragen am Ende des zweiten Teils von Fearful Symmetry, der Ilianas Leben schilderte, offen geblieben sind, setzt The Soul Key diese Erzählung anhand von Rückblenden fort. Es wird geschildert, wie Iliana und ihre bunte Anhängerschaft aus dem cardassianischen Verlies den Weg nach Harkoum fanden, eine alte und äußerst geheime Wirkensstätte des Obsidianischen Ordens, in dem nach Möglichkeiten geforscht wurde, die Kontrolle über die Jem’Hadar zu übernehmen, um sie gegen das Dominion einzusetzen. Wir erfahren, wie Iliana schließlich auf den Himmlischen Tempel und das Paralleluniversum aufmerksam wurde, und welchen Plan sie schmiedete, um sich zu einer religiösen Ikone im Spiegelkosmos aufzuschwingen.
In der Gegenwartshandlung, die sich immer wieder mit den Flashbacks abwechselt, verfolgen wir, wie Iliana als Intendantin Kira mithilfe einer klingonischen Flotte Terok Nor zurückerobert, um kurz darauf die Station in den Denorios-Gürtel zu steuern, in der Absicht, das Wurmloch zu öffnen. Kira, Vaughn und die Spiegel-Iliana treten auf Bajor in den Spiegelkosmos ein und versuchen die wahnsinnige Iliana von dort aus zu stoppen, indem sie Kontakt zu den Rebellen aufnehmen. Dieser Versuch droht allerdings zu scheitern, als es Iliana tatsächlich gelingt, in den Himmlischen Tempel vorzudringen…
KritikViel Zeit ist vergangen, seitdem Warpath erschien. Und seitdem ist es der neunten Staffel von DS9 nie richtig gelungen, die Handlung rund um Iliana Ghemor und das Spiegeluniversum entscheidend voranzutreiben – oder überzeugende Erklärungen für alle Geschehnisse, Entscheidungen und Zusammenhänge zu liefern. Umso größer waren die Hoffnungen, die ich auf The Soul Key richtete, doch leider zeigt sich auch im dritten Part der Trilogie, dass man aus einer völligen Murksstory nichts Gescheites mehr machen kann, wie sehr Autorin Woods sich auch anstrengen mag.
Zum einen krankt The Soul Key, ähnlich wie das Vorgängerbuch, daran, dass wieder sehr viel Zeit auf Rückblenden über Ilianas Werdegang verwendet wird, was den Raum für die Gegenwartshandlung im ohnehin nicht allzu großen Roman massiv schmälert. Anhand der minutiösen Schilderungen zu Ilianas Vergangenheit zeigt sich erneut: Bis in den dritten Roman wird die neunte Staffel eine allzu rege Erklärseligkeit nicht los, die bereits in Fearful Symmetry deutlich erkennbar war.
Jedes Detail und jeder Schritt, wie Iliana auf die Idee kam, die Macht im Spiegeluniversum an sich reißen und Abgesandte werden zu wollen, soll dargelegt werden, nichts soll ausgespart bleiben. Doch je mehr das getan wird, desto offensichtlicher wird, wie konstruiert und teils an den Haaren herbei gezogen die ganze Handlung ist, nein, es wird sogar noch schlimmer dadurch. Es gibt eben einen Unterschied zwischen 'glaubwürdig' und 'zu-Tode-erklärt'. Nach wie vor wird man einfach nicht warm mit dieser Antagonistin und ihren Motiven, und das ist äußerst schade, denn Iliana ist sicher nicht nur eine wahnsinnige Mörderin, sondern auch ein tragisches Opfer ihrer eigenen Welt und Zeit. Doch das kommt nicht herüber. Ich jedenfalls konnte Iliana, wie sie da irrlichternd ihre Pläne vorantreibt, als große Gegnerin nie richtig ernst nehmen.
Die Gegenwartshandlung wiederum ist besser, weil nett anzusehen ist, was sich alles im Spiegeluniversum getan hat und wie viele bekannte und neue Gesichter eingefügt werden, die teils völlig andere, teils ähnliche Rollen wie im Primärkosmos spielen. Aber im Kern sitzt auch da der Wurm drin. Warum?
Zwar gibt es endlich ein wenig Action und einige spannende Sequenzen mit der Defiant. Aber schwer zu verstehen ist nach wie vor, was nun die schreckliche Gefahr sein soll, die von der größenwahnsinnigen Iliana ausgeht? Offenbar möchte sie sich ja zur Abgesandten des Paralleluniversums machen und mithilfe des Paghvaram-Artefakts – über das man leider nur en passant etwas erfährt – Einfluss im Himmlischen Tempel erlangen. Nur wozu soll das nütze sein? Dass sie in ihrem rätselhaften Rachefeldzug gegen ihr Original, für das sie sich allerdings hält, alle Kiras in allen Universen tötet? Dass sie die Macht hat, in alle Paralleluniversen zu reisen und dort Einfluss ausüben kann?
Das hört sich irgendwie nur mäßig schockierend an, denn das Paralleluniversum wurde ja auch entscheidend durch das Primäruniversum mitgeprägt, seit es in TOS erstmals zu einem Ausflug dorthin kam. Es ist wirklich schade, dass nach drei Büchern immer noch nicht richtig nachvollziehbar ist, was die „größte Bedrohung“ sein soll, gegen die die DS9-Crew je gekämpft hat, wie es im Klappentext heißt.
Zum Ende zeichnen sich durchaus einige Erklärungen ab, als es zur Konfrontation mit den Propheten kommt. Aber da ist die Geschichte leider schon nahezu vorbei. Iliana wird tatsächlich von den Wurmlochwesen aufgenommen, aber nicht so, wie sie es sich ausgemalt hat. Irgendwie wird sie Teil jener Geschichte in ferner bajoranischer Vergangenheit, über die Kira eine Vision hatte. Schade, dass dieser Traum, der in Warpath eine wichtige, wenn auch noch nicht erhellende Rolle spielte, nicht weiter thematisiert wird. So bleiben dem Leser nur Vermutungen: Offenbar existiert der Himmlische Tempel in allen Universen, aber es gibt die Propheten nur einmal.
Irgendwie sind wir am Ende der neunten Staffel fast genauso schlau wie am Anfang. Außer einer dramatischen, aber vollkommen abgedrehten und wenig glaubwürdigen Lebensgeschichte über eine cardassianische Geheimdienstagentin haben wir wenig erlebt. Siskos Spezialauftrag für Vaughn am Ende von Fearful Symmetry stellt sich höchst undurchschaubar dar, und als Leser fragt man sich, was dieser Aspekt der Handlung überhaupt sollte. Dass Taran’atar eine durchaus wegweisende Entscheidung für sein weiteres Leben trifft, geht am Ende der Story beinahe unter.
Da mit The Soul Key nun das abrupte Ende der DS9-Saga in Buchform eintritt (jedenfalls was eine durchgängige, stringente Erzählung angeht), möchte ich es mir nicht nehmen lassen, noch eine kritische Würdigung dieses einzigartigen literarischen Projekts hinterherzuschieben. Der DS9-Relaunch hatte, als er initiiert wurde, wahren Pioniercharakter und katapultierte die Star Trek-Romane als Ganzes in ein neues Zeitalter der Unabhängigkeit und Qualität. Auch, wenn die neunte Staffel letztlich eine herbe Enttäuschung war, hat die Reihe unter dem Strich meine hohe Anerkennung verdient: Sie hat alte und neue Charaktere im Rahmen von tiefgründigen, aufregenden und neuartigen Geschichten zusammengebracht, die es häufig verstanden, das Seelenleben der Figuren herausragend zu erfassen und weiterzuentwickeln. Dabei wurde auch Wert darauf gelegt, eine der großen Star Trek-Botschaften wieder aufleben zu lassen: Insbesondere Figuren wie Kira Nerys, Elias Vaughn und Shar, aber auch Ezri Dax und Jake Sisko erkannten bei ihren Reisen durch den Alpha- wie Gamma-Quadranten, dass man manchmal in die Ferne ziehen muss, um sich selbst zu finden – dass die Auseinandersetzung mit fernen Ufern manchmal elementarer Bestandteil eigener Selbsterkenntnis ist.
Ergänzende Romanprojekte im Dunstkreis des DS9-Relaunch brachten uns verschiedene Welten der Serie näher, aber auch zum Beispiel das Leben Garaks, die cardassianische Seele, die Besatzung Bajors oder den Kampf Kanzler Martoks um das Klingonische Reich. Gerade auch diese Werke waren Perlen höchster schriftstellerischer Performance: Sie zeichneten sich durch eine beeindruckende Empathie und Empfindsamkeit aus, boten herausragende Charaktermomente und tolle Erzählungen, in denen auch kurzweilige, spannende Action, politische Intrigen und Mysteriöses nicht zu kurz kamen. Nicht zuletzt ehrten sie den Canon, ohne dass darunter die Kreativität in irgendeiner Weise litt. Der DS9-Relaunch war und bleibt trotz seines unbefriedigenden Endes nach meinem Dafürhalten die beste Star Trek-Serienfortsetzung von allen. Hier wurde kein Popcorn-Star Trek geboten, sondern ein anspruchsvolles Sci-Fi-Epos, das unter Beweis gestellt hat, welche Chancen es bietet, Star Trek in einem neuen Medium wiederaufleben zu lassen und beherzt weiterzuentwickeln.
FazitDie Befürchtung war da, aber nun haben wir Gewissheit: Der DS9-Relaunch endet - fürs Erste jedenfalls - kläglich und unwürdig. Mit The Soul Key findet eine sehr kurze und schlecht gemachte neunte Staffel ihr jähes Finale. Als nächstes wird es einen gehörigen Zeitsprung geben: DS9 wird ins Zeitalter des Typhon-Pakts katapultiert. Ob dann wieder etwas mehr Glanz für die Raumstation und ihre Besatzung abfällt, wird sich zeigen müssen…
3/10 Punkten. 7-2013 |
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