InhaltDie Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt: Im Jahr 2270 sitzen Tim Pennington und Diego Reyes immer noch auf Caldos II, einer abgelegenen Kolonie, zusammen und erzählen sich gegenseitig ihre letzten Wochen und Tage im zurückliegenden Vanguard-Abenteuer. Nachdem Reyes seine Perspektive in What Judgments Come dargelegt hat, ist nun der Reporter mit Erzählen an der Reihe. Es geht zurück ins Jahr 2268 – das, wie wir dem dramatischen Cover entnehmen können, auch das letzte Jahr der Operation Vanguard sein wird.
Die allgemeine Lage könnte prekärer kaum sein. Vanguard ist von den unter der Wanderin wiedervereinten Shedai als Ziel ausgewählt worden. Zugleich erstarkt bei den Tholianern die Überzeugung, die Sternenflotte bei ihrem Vorhaben, die Shedai- und Tkon-Artefakte für ihre Zwecke zu instrumentalisieren, unbedingt stoppen zu müssen. Sie beginnen damit, eine große Flotte zusammenzuziehen, um die Station anzugreifen. Obendrein hat sich kürzlich noch ein Waffenbündnis zwischen den Romulanern und Klingonen ergeben. Die Föderation scheint von Feinden umzingelt.
Mitten in dieser Großwetterlage beißt Admiral Nogura noch einmal die Zähne zusammen und schleust die Sagittarius mit einer Finte an den Sensoren der Klingonen und Romulaner vorbei, um in einem mysteriösen System die Waffe zu finden, die sich zur Rettung der Föderation vor den Shedai einsetzen lässt…
KritikMit Vanguard acht ist die Saga um Raumstation 47 und die Taurus-Region definitiv an ihren Schlusspunkt gelangt. Endlich, möchte man beinahe sagen. Denn spätestens mit dem Abschluss des Finale-Zweiteilers wird in ganzem Ausmaß offensichtlich, wie sehr Vanguard jener feurige Atem und (personelle) Dynamik verloren gegangen sind, die es noch zu Beginn in so ungekannter Manier ausstrahlte. War bereits der siebte Band eine herbe Enttäuschung, ist auch Storming Heaven gemessen an den Erwartungen – und den Möglichkeiten – ein eher frustrierendes Ergebnis. Warum?
Abgesehen von den Ereignissen rund um Ganz‘ Schiff, die Omari-Ekon, ist im zurückliegenden Buch nur wenig passiert. Es erweckte gar den Eindruck, die Autoren hätten keine Ideen mehr. Der komplette Text drehte sich um Diego Reyes, der einen Hinweis auf einen Ort versteckter Shedai-Artefakte durch eine halsbrecherische Mission erwerben musste. Das war zwar teilweise spannend zu lesen, brachte die Haupthandlung aber keinen Schritt voran.
Nun geht die Handlung in Storming Heaven zwar wieder weiter, allerdings völlig ohne Überraschungsmomente. Die Sagittarius bricht zu ihrer letzten großen Mission auf, um die Tkon-Waffe zu bergen und so die Shedai abschließend besiegen zu können. Als dann ab der Hälfte des Romans ersichtlich wird, dass die Tholianer einen Vernichtungsfeldzug planen, um mit den Machenschaften der Sternenflotte in der Taurus-Region Schluss zu machen, ist das nur ein Zeitdruck, eine Art irreversibler Countdown, um die Operation Vanguard erfolgreich zu beenden. Man merkt den Autoren ihre Ungeduld an, die Feder endlich hinzuhauen.
Über die Shedai-Handlung hinaus sehen wir meiner Meinung fast nur handlungstechnische Lückenfüller im Roman. Die klingonisch-romulanische Allianz (eigentlich ein für die politische Geschichte im Star Trek-Universum nicht unwichtiges Ereignis) wird lediglich dazu genutzt, um vom finalen Kampf gegen die Shedai (der dann doch nicht kommt) etwas abzulenken und ihn in die Länge zu ziehen. Dass das Waffenbündnis am Ende zu kaum mehr taugt, als eine altbekannte Intrigengeschichte auf Qo’noS brühwarm aufzukochen (und natürlich ist ein gewisser Duras erneut der Bösewicht), kann niemanden hinterm Ofen hervorlocken. Die Verknüpfung mit Gorkon wirkt wie eine vorauseilende Legitimierung seiner späteren Herrschaft als ‚Friedenskanzler‘. Das hätte auch nicht sein müssen, denn es wirkt alles irgendwie zu simpel. Auch die Handlung rund um den längst aufs interstellare Abstellgleis gestellten Botschafter Jetanien und seinen Kollegen Lugok ist nur noch ein matter Wink in Richtung früherer Tage, kaum der Rede wert.
Das führt mich gewissermaßen zum nächsten Kritikpunkt. Personell wirkt Vanguard völlig ausgeblutet, mehr denn je zuvor. Hinzu kommt, dass vielen Charakterhandlungsbögen anzumerken ist, dass den Autoren Geduld und Muse ausgegangen sind. Fisher will nur noch die Station verlassen, und tatsächlich verlässt er sie am Ende, wenn auch durch einen Hüllenriss. Quinn ist in seiner Depression seit dem letzten Buch sowieso zu nichts mehr zu gebrauchen. Das dokumentiert Mack, indem er diese eigentlich großartige Figur offiziell von T’Prynn exekutieren und als Schatten ihrer selbst abtreten lässt (die armseligste Handhabung eines Charakters seit Kathryn Janeway den Borg zum Fraß vorgeworfen wurde!). Pennington ist ebenfalls auf der Strecke geblieben und nur noch ohnmächtiger Zuschauer der Ereignisse. T’Prynn sitzt lediglich ein wenig am Klavier und lässt sich mal eben vom zurückgekehrten Spock helfen, ihre verloren gegangene musikalische Ader neu zu entdecken. Carol Marcus muss irgendwie schnell dazu gebracht werden, dass sie die Sternenflotte (wie im zweiten Kinofilm mehr als deutlich geworden ist) zu hassen lernt, und so wird dann ein künstlich wirkender Konflikt aufgeblasen, in dem Marcus plötzlich mit allen Experimenten in der Gruft Probleme hat, wo sie doch in den letzten Abenteuern immer tatkräftig mitgerührt hat.
So sind die einzigen Personen, die jetzt noch ernsthaft im Vordergrund stehen, Nogura und Xiong. Da ist aber nicht viel Entwicklung drin. Denn anders als sein hinter seiner Schale empfindsamer und zweifelnder Vorgänger Reyes ist Nogura zwar als Typ vordergründig echt okay (ungeachtet der Tatsache, dass er seine Linie knallhart durchzieht), dafür jedoch ziemlich kantenfrei. Xiong wiederum ist trotz stets großer Potenziale eine der bislang eher vernachlässigten Figuren im Aufgebot von Vanguard, und so endet sein Leben schließlich nur als Statist. Die wenigen Ansätze von Selbstzweifeln, die die eilig vom Hof (und natürlich nach Regula-1) gejagte Carol Marcus in ihm erzeugt, erscheinen da zu aufgesetzt.
Die Shedai sind hier höchstens noch eine Fußnote. Am Anfang gibt es ein wenig Geknurre und Säbelrasseln – so wie schon in den vergangenen Büchern –, aber sie werden rasch eingefangen, und das letzte Bisschen Gruselfaktor verpufft. Es ist mehr als überraschend, wie schnell dieser Handlungsstrang, der doch eigentlich stets im Zentrum der langen Vanguard-Erzählung stand und große Erwartungen beim Leser geweckt hat, hier auf ein paar Seiten abgeräumt wird.
Auch finde ich, dass Mack bei der Zeichnung der Sternenflotte endgültig das Feingefühl verliert, das die Reihe über lange Strecken hinweg ausgezeichnet hat. Bislang war der Tenor von Vanguard: Es ist nicht alles gut, was glänzt und tolle Mottos hat. Auch die Schattenseiten der Raumflotte und ihr machtpolitischer Zusammenhang wurden beleuchtet. Das empfand ich als Fortschritt. Dass nun aber eine Admiralität präsentiert wird, die für ihre Mission potenziell riskante Zivilisten wie Quinn ermorden lässt, bereitwillig nicht nur alle Shedai umzubringen, sondern deren und die Tkon-Hinterlassenschaften als offensive Waffe gegen andere Machtblöcke einzusetzen gedenkt, steht in krassem Widerspruch zur Sternenflotte, die wir in Star Trek kennengelernt haben – und die Föderation hatte schon immer zahlreiche Feinde (im 24. Jahrhundert sogar so viele, dass sie sich besser in eine Militärdiktatur verwandeln sollte). Tut mir Leid, an dieser Stelle ist der Bogen für mich nicht überspannt – er ist gerissen.
Dementsprechend erschreckt mich das Ende des Buches auch. Bis zum Schluss hat man noch die Hoffnung, die Sternenflotte würde ihre moralische Irrfahrt erkennen, bereuen und beenden. Dann aber passiert das exakte Gegenteil. Einer der Forscher zerstört nicht nur alle Shedai, die ja von der Sternenflotte gefangen gehalten werden, sondern nutzt diese Zerstörung, um mit der Station Vanguard einen Großteil der tholianischen Armada zu pulverisieren. Nicht mehr und nicht weniger als ein ausgemachter Völkermord bildet den Abschluss, und selbst wenn Vanguard immer ein düstereres Star Trek präsentieren wollte, kann ich mich mit einer solchen Auflösung einfach nicht anfreunden. Es fehlt für mich 'courage under fire', wie es DS9 stets ausgezeichnet hat.
Was bleibt? Nun, Storming Heaven bringt die Saga zu einem Ende. Viel mehr aber auch nicht. Überraschungen und Aha-Effekte, dramatische und anrührende Szenen bleiben bis auf wenige Ausnahmen aus. Das Buch ist zwar schön geschrieben, aber leider in seinem Ablauf und seiner Vorhersehbarkeit ziemlich kühl und technokratisch, dann im Hinblick auf die Zeichnung der Sternenflotte wieder schlicht hanebüchen. Traurig, aber wahr: Die Seele von Vanguard, die eine feine Austarierung von Grautönen kultivierte, ist längst irgendwo auf der Strecke geblieben; ich vermute mal zwischen dem vierten und fünften Roman, seitdem die Reihe immer stärker abgefallen ist.
FazitDer achte und letzte Vanguard-Roman müht sich, ein erschreckendes Bild einer tief verunsicherten Sternenflotte zu zeichnen, die angesichts ihrer erstarkenden Feinde bereit ist, ihre Ideale vollkommen über Bord zu werfen. Dennoch ist das Ergebnis angesichts des jahrzehntewährenden Star Trek-Hintergrunds weder besonders glaubwürdig noch wirklich beeindruckend. Der Shedai-Handlungsbogen wird mal eben zu den Akten gelegt, und von den einstmals so mitreißenden Figuren sind nur noch wenige wirklich mit von der Partie. Eine mehr als ambitioniert gestartete Reihe endet ethisch fragwürdig und qualitativ höchst durchschnittlich. Schade, schade, schade.
5/10 Punkten. 9-2012 |
||
layout © by Artphilia Designs 2010 Star Trek Companion Fan-Fiction 2004-heute v.5.0 by Julian Wangler. |