Destiny

Autor: David Mack
Erscheinungsjahr: 2008/2009
Seitenzahl: 380, 440, 450
Band: TNG 7, Titan 5

Zeitraum: 1/2381

 

Vorbemerkung

 

Die Destiny-Trilogie ist ein Crossover verschiedener Romanreihen. Sie rückbezieht sich weitestgehend auf die bisherigen Ereignisse im TNG-Relaunch, partiell auch auf die Romanserie Star Trek: Titan, die Pilotromane des VOY-Relaunch, Homecoming und The Farther Shore, sowie den Politroman Articles of the Federation und in geringem Maße auf das zweite Werk des Enterprise-Relaunch, Kobayashi Maru. Weil sie streng genommen über das Feld der Second Decade von TNG hinausreicht, aber von ihrer Story hochrelevant ist, präsentiere ich an dieser Stelle den gelungenen Überblicksartikel aus dem Unendliche Seiten-Literatur-Newsletter Nr. 7 von TrekZone, geschrieben von Jörn Podehl. Anschließend folgt ein wertender Kommentar meinerseits.

 

Der direkte Nachfolgeroman zu Destiny ist A Singular Destiny.

 

 

Schicksal und Umbruch (Achtung: Spoiler!)

 

Es hat sich bewährt, dorthin zu gehen, wo noch nie ein Mensch zuvor gelesen hat: Pocket Books wagte seinerzeit mit dem Deep Space Nine-Relaunch den ersten Schritt der Fortführung der geliebten Star Trek-Serien in Romanform und Comics. Nach DS9 wurde Voyager fortgesetzt, ja sogar Enterprise bekam eine fünfte Staffel. [...] Hält man die Handlungsstränge der einzelnen Serien nebeneinander, wird man an unterschiedlich lange Nudeln erinnert: Der DS9-Relaunch spielt wesentlich im Jahr 2376, der Voyager-Relaunch beginnt mit der Rückkehr von Janeway und Co. anno 2378 und der kürzlich ins Leben gerufene The Next Generation-Relaunch (auch Second Decade genannt) startet einige Wochen nach Nemesis und somit Ende 2379. Unvereinbar damit ist natürlich der Enterprise-Relaunch, der die Zeit nach der TV-Serie weiterführt und sich derzeit im Jahre 2156 austobt.

 

Das Problem bei der Sache war von Anfang an: Den Relaunches müssten diverse Staffeln zuteil werden, bis sie alle auf einem Level angekommen sind. Erst auf dieser gemeinsamen Zeitebene lassen sich ganz neue Konzepte realisieren, die für alle Serien wirklich unbekannt und neu sind, ohne dass andere Serien hinterher hinken oder voraus preschen. Mit Destiny schuf Pocket Books die narrative Möglichkeit, alle Relaunch-Serien miteinander zu vereinen. Dazu bedarf es selbstverständlich eines etwas größeren Abenteuers als die bisherigen Einzelabenteuer mit einer gemeinsamen Leitstory. Und wenn man gleich dabei war, sollte dieses Abenteuer auch einen großen Umbruch darstellen, also bleibende Folgen zeitigen.

 

Die Welt lechzt schließlich nach Umbrüchen. Alte TV-Serien werden neu aufgelegt und bringen das Dunkle der Seele und die Zerrüttungen eines harten Lebens hervor anstatt auf Friede, Freude, Eierkuchen zu setzen. Kinofilme erfinden Charaktere neu, ändern den hellen Schein und ersetzen ihn durch rabenschwarze Züge. Und vor diesen Umbrüchen ziert sich auch Star Trek nicht.



Jener besagte Umbruch bei Star Trek-Romanen begann mit den TNG-Second Decade-Büchern. Viele Fans fragten, was eigentlich aus den Borg geworden sei, den Erzfeinden, die in den Augen einiger Zuschauer in Voyager mitunter ganz schön verheizt wurden. Resistance, der erste reguläre Relaunch-Roman, in dem die neue Crew der Enterprise ihre erste Mission hat, stammt von J.M. Dillard und konfrontiert die Föderation mit den Borg. Es findet eine Art Rückführung statt, da Picard mit seiner größten Nemesis zusammentrifft und mit sich und seiner Welt uneins ist. Was mit Resistance wie ein Strohfeuer der Literatur wirkt, läuft im Endeffekt auf den Anfang vom Ende hinaus - jedenfalls sah es bei der durchwachsenen Qualität des Romans so aus.

 

Mit dem ebenfalls umstrittenen Peter-David-Roman Before Dishonor wird die Borg-Attacke aus Resistance fortgeführt und beginnt gleich mit dem ersten prominenten Opfer der Star Trek-Romangeschichte: Admiral Janeway wird von den Borg assimiliert und wendet sich gegen die Föderation. Sie richtet einen riesigen Schaden an, der aber nichts im Vergleich zu dem ist, was noch kommen wird. Im Übrigen verfolgt Pocket Books mit den Relaunch-Büchern jetzt nicht mehr das jahrelang von Paramount aufgezwungene Motto "Wie du in den Roman gehst, musst du auch hinaus kommen", sondern die Devise: "Wie du in den Roman gehst, hat keinen Einfluss auf das Ende". Admiral Janeway stirbt am Ende von Before Dishonor…auf eine gewisse Art und Weise. Auch wenn der Eindruck des beliebten Hintertürchens entsteht (Janeway explodiert mit ihrem Borgschiff und landet plötzlich im Q-Kontinuum, die Q schließen ihre Rückkehr aber aus), hat sich die Star Trek-Geschichte verändert. Gleichzeitig wurden auch die von uns geliebten Charaktere verändert: Picard zerbricht fast an Selbstzweifeln und der Furcht vor den Borg, seine neue Schiffsbesatzung wendet sich gegen ihn und jeder neue Charakter kann wichtig oder unbedeutend sein.

 

Wie wichtig Pocket Books die Verfolgung der neuen Kontinuität ist, zeigt sich in den weiteren Second Decade-Romanen, die den Weg zum Umbruch pflastern. Greater Than The Sum legt den Fokus auf die Verfolgung des letzten Borgschiffs, der assimilierten U.S.S. Einstein, die scheinbar einen Weg gefunden hat, zurück in den Delta-Quadranten zu den anderen Borg zu flüchten und um Hilfe rufen zu können. Die Einstein wird zum Glück gestoppt, da die Crew der Enterprise ein Mittel gegen die Borg gefunden hat. Eine Art biologische Waffe gegen die kybernetischen Wesen, gegen das die Borg noch keine Schutzmöglichkeit gefunden haben, da das Mittel gegen einen vom Kollektiv getrennten Borgschwarm eingesetzt wurde.

 

Anfang 2381, über ein Jahr nach Nemesis also, passiert das, wovor sich die Denker der Föderation gefürchtet haben: Die Borg sind zurück; dieses Mal mit einer Armada von Schiffen. Die Invasion und das baldige Ende der Föderation scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Woher kommen sie auf einmal? Niemand weiß es (wie sich später herausstellt, nutzen sie spezielle Korridore, durch die sie ihre Schiffe rasendschnell in den Alpha- und Beta-Quadranten schicken können).

 

Und genau hier wird mit Destiny das Schicksal der Föderation besiegelt. [...] Dabei handelt es sich um eine Romantrilogie, die kurz und knapp Destiny genannt wird: Die drei Romane heißen Gods of Night, Mere Mortals und Lost Souls. [...] Bis Oktober 2008 wurde Stillschweigen um den Inhalt der Romane gepflegt; man wusste nur, dass sie alle Relaunch-Serien vereinen und sich anschicken, die bisherigen Limitationen des Star Trek-Kosmos aufzubrechen. So war es natürlich kein Wunder, dass sich bereits der erste Roman, Gods Of Night, so schnell verkaufte, dass er nach kurzer Zeit vergriffen war und nachgedruckt wurde.

 

In Kurzform, worum geht es in Destiny? David Macks Miniserie vereint die Crews der Serien The Next Generation, Titan, Deep Space Nine und Voyager, um in der entscheidenden Schlacht gegen die Borg zu kämpfen. Gleichzeitig werden jene bekannten Helden von Captain Erika Hernandez (Kommandantin der Columbia, NX-02, aus Enterprise) unterstützt. Was nach einem übertriebenen Fanwunsch klingt, ist eine sehr große, auf knapp 1.300 Seiten verteilte Handlung, die Hoffnung, Verzweiflung, Kampf, Familie und Zukunftsentwicklung vereint. Die Geschichte von Destiny entwickelt sich über einen Zeitraum von 7.000(!) Jahren und zeigt die Entstehung, Entwicklung und - ich greife etwas voraus - das Ende der Borg. Um in dieser unglaublich langen Zeitspanne unsere Lieblingscharaktere einbauen zu können, ist selbstverständlich Zeitreise und viel Fantasie im Spiel. In der Manier eines J.J. Abrams (Lost und Star Trek XI) ist die komplette Handlung von Rückblenden und Sprüngen in die uns bekannte Gegenwart und alle Romanserien durchzogen.

 

Direkt an das Ende von Greater Than The Sum eröffnet sich der Föderation das Schicksal. Bereits seit mehreren Monaten fliegen Borgschiffe Angriffe auf Planeten der Föderation, eine große Invasion zeichnet sich ab. Viele Schiffe der Sternenflotte sind vernichtet oder beschädigt worden. Captain Ezri Dax untersucht das Wrack der auf einem Wüstenplaneten im Gamma-Quadranten gefundenen Columbia, NX-02, und hofft, mithilfe des toten Rumpfes etwas Wichtiges im Kampf gegen die Borg in Erfahrung zu bringen. Schließlich ist es höchst mysteriös, dass die Columbia mithilfe der beschränkten Ressourcen ihrer Zeit eine Reise in den Gamma-Quadranten unternommen hat und letztendlich, knapp 60.000 Lichtjahre vom Föderationsraum entfernt, gestrandet ist. Tatsächlich ist die Columbia, wie sich im späteren Verlauf der Handlung zeigt, der Schlüssel zu allem. Denn kurz nach den Ereignissen aus dem Enterprise-Relaunch-Roman Kobayashi Maru wird die Columbia unter Captain Hernandez in einen Kampf mit den Romulanern verstrickt, der sie den Warpkern kostet und das Schiff vor existenzielle Probleme stellt.

 

Für Hernandez gibt es nur die Flucht nach vorne: Ungefähr zwölf Lichtjahre entfernt, so zeigen die Sensoren der Columbia schwach, liegt ein Planet mit potenziell intelligenten Lebensformen, die ihnen vielleicht mit einem überlichtschnellen Antrieb und Vorräten aushelfen können. Die Erde ist dagegen knapp 80 Lichtjahre entfernt, die Columbia würde sehr wahrscheinlich erneut mit Romulanern zusammentreffen, wodurch die Entscheidung sehr leicht fällt. Hernandez ist sich um ihre schlechten Chancen bewusst, mit vollem Impulsantrieb würde die Reise über zwölf Jahre in Anspruch nehmen. Ihr bleibt nur die Chance, die Einstein'sche Zeitdilatation auszunutzen: Je schneller sich die Columbia der Lichtgeschwindigkeitsgrenze nähert (mit einem frisierten Impulsantrieb, der über die normale Höchstgeschwindigkeit hinaus geht), desto langsamer vergeht die Zeit an Bord des Schiffes, während die Zeit im restlichen Universum konstant weiter verstreicht. So überbrückt Hernandez mit ihrer Crew die zwölf Jahre andauernde Reise in ungefähr 70 Tagen, allerdings vergingen für die Sternenflotte in dieser Zeit wirklich zwölf Jahre, in denen es zum Romulanischen Krieg und zur Gründung der Föderation gekommen ist.

 

Am Ende ihrer Reise erreichen sie den Planeten Erigol, auf dem die kybernetischen Caeliar in fliegenden Stadtschiffen leben. Das hoch entwickelte Volk begrüßt Hernandez und ihr Außenteam freundlich, nimmt ihnen aber jede Möglichkeit, Erigol zu verlassen; sie und die gesamte Crew sind Gefangene, da die Caeliar ein sehr zurück gezogenes Volk sind, nur mit dem Wunsch, Kontakt zu noch höher entwickelten Spezies zu bekommen. Würden sie Hernandez und ihre Crew ziehen lassen, sehen sie die Gefahr, dass die Menschen und andere Völker auf die Caeliar aufmerksam werden und um deren Technologie buhlen würden. Zudem legen die Caeliar extrem viel Wert auf eine abgeschiedene Existenz. Im weiteren Verlauf werden sie gewissermaßen in ihren schlimmsten Befürchtungen ob ihrer Entdeckung durch andere Lebewesen bestätigt werden.

 

Ein Teil der Crew ist mit Hernandez' Resignation und der Erkenntnis, die Wünsche der Caeliar zu respektieren, nicht einverstanden und plant die Flucht. Bei der Flucht nutzen sie die Netzwerk-Technik der Caeliar und kontaminieren das gesamte System. Dabei werden in einer komplexeren Kettenreaktion, bei der mehrere Ereignisse zusammenwirken, alle Stadtschiffe der Caeliar vernichtet - bis auf zwei. Beide können sich durch einen Subraumtunnel in Sicherheit bringen, stranden aber aufgrund dieser unkontrollierten Flucht durch die Kanäle an verschiedenen Punkten in der Vergangenheit (4.500 bzw. 800 Jahre). Als die Columbia ihnen folgt, wird die Crew auf dem Schiff durch die Tunnelstrahlung getötet, und die Columbia landet letztendlich im Gamma-Quadranten.

 

Nur eine Handvoll Sternenflottenoffiziere, die auf den Stadtschiffen geblieben sind, überleben das Desaster. Die Verursacher der Katastrophe, eine Gruppe von insubordinierenden MACOs, landen in einem anderen Teil der Galaxis mit einem anderen Stadtschiff als Hernandez und drei weitere Offiziere auf dem Stadtschiff Axion. Da klar ist, dass eine Rückkehr in ihre Zeitperiode nicht möglich ist, müssen Hernandez und ihre Begleiterinnen endgültig Vorlieb mit der Situation nehmen. Sie haben allerdings Probleme, sich dem Lebensstil und der Technik der Caeliar anzupassen. Über die Zeit freundet Hernandez sich mit dem Caeliar Inyx sehr gut an; sie wird ein Teil der überlebenden Caeliar-Gemeinschaft.

 

Am Ende lässt sich Hernandez als einzige Überlebende der Menschengruppe kurz vor ihrem natürlichen Tod durch die Caeliar 'verjüngen'. Jahrhunderte bleibt sie auf Axion auf dem neuen Heimatplaneten New Erigol und sieht, wie sich die Zeit verändert, erlebt wie sich die Geschichte entwickelt, ihre eigene Ankunft auf (alt) Erigol, die Zerstörung von Erigol…bis im Jahr 2381 die U.S.S. Titan auf die Aktivität der Axion auf New Erigol aufmerksam wird und hofft, in diesem Volk Unterstützung im Kampf gegen die Borg zu finden.

 

Die Geschichte scheint sich zu wiederholen; wieder verbieten die Caeliar, dass die Ankömmlinge abreisen. Das Außenteam der Titan (Deanna Troi, Christine Vale, Tuvok und Dr. Ree) bleibt auf Axion, als Captain Riker - mit Unterstützung von Erika Hernandez, die die Isolation auf Axion leid ist - die Flucht mit der Titan gelingt. Riker will mit der Titan in den Kampf gegen die Borg ziehen.

 

Interessant ist die Veränderung der Charaktere in diesen Romanen: Captain Riker lässt seine Frau und das Außenteam allein zurück. Es kommt erschwerend dazu, dass Troi schwanger ist und trotz aller Hilfe von Dr. Ree eine Fehlgeburt erleiden wird: Troi und Riker können aufgrund eines genetischen Defekts keine Kinder bekommen. Destiny verleiht den Star Trek-Charakteren der Post-Nemesis-Ära eine dunkle und traurige Seite. Als Vergleich könnte man Vanguard nehmen: In beiden Serien sind die Charaktere kantig und ecken an. Vor der uns bekannten Epoche der The Next Generation macht die Veränderung der Figuren keinen Halt.

 

Die Charaktere verändern sich, und die Technik tut es ihnen gleich. Star Trek verändert sich, weil die Erfahrungen aus den TV-Serien und anderen Romanen in die neuen Geschichten mit einfließen. So ist das Schiff von Captain Dax - die U.S.S. Aventine - eines von wenigen Schiffen, die bereits über einen experimentellen Quantenslipstream-Antrieb verfügen und ihn auch im Kampf gegen die Borg einsetzen werden.

 

Als letzte, absolut letzte Verteidigung werden Transphasentorpedos eingesetzt. Zur Erinnerung: Transphasentorpedos stammen aus der Zukunft, Baupläne und Torpedos wurden in der finalen Voyager-Episode Endgame von Admiral Janeway in die Vergangenheit gebracht, um ihrem jüngeren Ich im Kampf gegen die Borg zu helfen. Nun kommen sie gegen die Borg der Gegenwart zum Einsatz; jedenfalls im Verlauf der Geschichte, nicht zu Beginn der Schlacht. Die Föderation sieht die Gefahr, dass die Borg sich schnell an die neue Technik anpassen können, sollte ein Sternenflottenschiff assimiliert werden. Nur die Enterprise und einige wenige Schiffe haben Kenntnis von den Torpedos (und verteilen die Baupläne letztendlich im letzten Gefecht an alle Verbündeten). 

 

Teil der Handlung in Destiny ist die Entstehung der Borg. Während das Stadtschiff Axion mit Hernandez nach der Zerstörung von Erigol im Beta-Quadranten sesshaft wird und Hernandez zu dem (männlichen) Caeliar Inyx eine fast schon liebevolle Beziehung aufbaut, strandet das zweite Stadtschiff, Mantilis, in einem anderen Teil der Milchstraße (wahrscheinlich der Delta-Quadrant). Die überlebenden MACOs an Bord, die für die Vernichtung von Erigol verantwortlich sind, werden im Jahr 4.527 v. Chr. von der Caeliarin Sedín gewaltsam in kybernetische Wesen verwandelt, um das Überleben der Caeliar zu sichern. Sie sind die ersten Borg und beginnen mit der Assimilierung anderer Völker.

 

2381, fast 7.000 Jahre später, sind die uns bekannten Borg wieder da - sie assimilieren nicht mehr, sie absorbieren. Nur die potentiell Wichtigsten werden in das Kollektiv übernommen, der Rest wird vernichtet. Das neue Borg-Motto: "Widerstand ist zwecklos...aber erwünscht". Während der Haupthandlung von Destiny werden etliche Welten komplett ausgelöscht: Siebzig Milliarden Lebewesen sterben. Risa, Vulkan und Planeten des Klingonischen und Romulanischen Reiches werden schwer verwüstet, das Wirtschaftssystem ist kollabiert. 40 Prozent der Sternenflottenschiffe sind vernichtet worden, darunter um ein Haar auch die Voyager. Vor prominenten Personen macht Destiny keinen Halt: Admiral Paris, Lieutenant T'Lana (Schiffscounselor der Enterprise-E) und Tuvoks Sohn verlieren das Leben. B'Elanna und Miral Torres gelten ebenfalls als verstorben.

 

Captain Riker und der Titan gelingt zusammen mit Hernandez die Flucht von New Erigol und kann mithilfe eines Subraum-Korridors zurück in das Föderationsgebiet fliegen. Dort trifft Riker auf die Enterprise (Captain Picard) und die Aventine (Captain Dax). Hernandez bietet ihre Hilfe im Kampf gegen die Borg an, als sie erkennt, dass die Borg ein Teil der Caeliar sind, nämlich von den Caeliar, die auf dem Stadtschiff Mantilis im Delta-Quadranten gestrandet sind. Unmittelbar vor der Vernichtung der Erde übertüncht sie das Signal der Borg-Königin und befielt den Drohnen das Ende der Angriffe.

 

In der finalen Schlacht greifen die sonst pazifistischen Caeliar von Axion ein und befreien alle Borg der Milchstraße aus dem Zwang des Borg-Kollektivs und assimilieren sie in das friedliche Kollektiv der Caeliar. Die Borg existieren nicht mehr. Sie sind (wieder) Caeliar und verschreiben sich der friedlichen Forscherexistenz. Aus dieser Konsequenz verliert Seven Of Nine ihre Borg-Implantate und wird zu einem 'normalen' Mensch namens Annika Hansen.

 

In dieser für ein 1.300 Seiten komplexes Werk rasanten Inhaltsangabe zeigt sich, wie allumgreifend Destiny geworden ist. Für die Borg ist Destiny das Alpha und das Omega, für die Roman-Relaunches die Chance, auf gleicher Höhe mit allen anderen Helden an einer Front zu kämpfen und für den Leser ein großer Einschnitt in die Geschichte, der Star Trek in eine ganz neue Richtung lenkt. [...] Wenn die Post-Nemesis-Romane weiter eine derartige Entwicklung erleben, bin ich sicher, dass Star Trek unsterblich bleiben wird, denn nichts bleibt so wie es ist - und alles wird anders. Um mein Zitat von weiter oben zu korrigieren: Dies ist nicht der Anfang vom Ende, sondern das Ende vom Anfang...

 

3-2009

 

 

Meine Meinung zu Destiny

 

Im Gegensatz zu vielen Reviews, die man im Internet findet und die für die Destiny-Triologie vor allem Lobeshymnen bereithalten, bin ich sehr geteilter Meinung, was diese viel gepriesene Revolution im Star Trek-Universum anbelangt. Das hat ganz bestimmt keine handwerklichen Gründe, denn auf dieser Ebene liefert Autor David Mack eine sehr solide, nein sogar eine hervorragende Show ab. Im Rahmen dessen, was er überhaupt tun kann (schließlich hat er die Grundstory ja nicht selbst erdacht, sondern setzt diese nur auf eigene Weise um), macht Mack beinahe alles richtig: Ihm gelingt es, mit einer wunderbaren Sprache eine düstere, dichte und epische Stimmung zu schaffen, dramatische und heroische Actionszenen abzuliefern, dann und wann für ein wenig Humor zu sorgen und sogar einigen Figuren mehr Tiefgang zu verleihen (wenngleich die Qualität der Charakterszenen, auf gleichwohl hohem Niveau zwar, immer wieder schwankt).

 

Trotzdem bin ich vom Konzept, das Destiny zugrunde liegt, alles andere als überzeugt und angetan. Warum? Widmen wir uns vielleicht zuerst dem Sinneswandel der Borg. Die haben, nach einer Reihe gescheiterter Assimilierungsfeldzüge und negativer Erfahrungen mit einer überraschend resistenten Menschheit plötzlich den Entschluss gefasst, nicht länger zu assimilieren, sondern auszurotten. Nicht nur die Föderation, sondern der gesamte ‚südliche‘ Teil der Galaxis soll ‚flurbereinigt‘ werden. Politik der verbrannten Erde à la Borg. Diese Idee hat so gar nichts Beeindruckendes an sich, sondern wirkt lächerlich und primitiv. Und obwohl Destiny im Laufe der Zeit eine tiefgehende Eigendynamik gewinnt, die sich vielmehr mit dem Wesen der Borg beschäftigt als mit dieser merkwürdigen, neuen Auslöschungsattitüde, ist der eigentliche Anlass für Destiny meiner Meinung nach höchst flach, peinlich und unpassend.

 

Mir ist es nicht verständlich, weshalb die Borg die Menschen und die Föderation plötzlich von der Sternenkarte tilgen wollen. Müsste eine anpassungsfähige, unberechenbare Spezies wie die Menschheit in ihrem Assimilierungswert für das Kollektiv nicht noch weiter steigen? Sicherlich haben die Borg in all den Jahrtausenden, in denen sie schon durch die Galaxis ziehen und Spezies ihre Assimilationsröhrchen in den Hals jahen, auch anderswo Widerstände gehabt. Nicht immer wird es gleich beim ersten Mal geklappt haben, ein Volk ins Kollektiv aufzunehmen. Mir erschließt es sich rein überhaupt gar nicht, warum sie hier plötzlich ihre grundlegendste Lebenseinstellung, ihren eigentlichen Sinn im Leben – nämlich andere Gedanken, Ideen und Fähigkeiten zu stehlen und sich anzueignen – zugunsten einer Vernichtungskampagne über Bord werfen, zumal ja noch die Menschen auf so elementare Weise mit dem Ursprung der Borg zu tun haben (mehr dazu später). Dass Admiral Janeway im VOY-Finale das Kollektiv so schädigen konnte, müsste doch im Grunde nur noch mehr die Attraktivität der Menschheit für die bionischen Wesen unterstreichen haben.

 

Und hier leite ich direkt mal über zu den Konsequenzen, die dieses fragwürdige Experiment hat: Eine unglaubliche Apokalypse wird ins Star Trek-Universum gebracht, gegen die die Vernichtung der Menschenkolonien in Battlestar Galactica fast schon ein Witz ist. Fast siebzig Milliarden sterben binnen weniger Wochen, bekannte Planeten aus Jahrhunderten Star Trek werden vernichtet oder weitestgehend verwüstet (Deneva, Coridan, Andoria, Vulkan, Qo'noS etc.), und wichtige Figuren, die quasi zum Kernbestand zählen, werden einfach so liquidiert. Kaum etwas bleibt noch stehen, vieles ist unwiederbringlich verloren, vierzig Prozent der Sternenflotten-Armada sind zerstört, der Wiederaufbau wird Jahrzehnte dauern. Mir persönlich passt das überhaupt nicht in den Kram, denn Destiny wirft mit dieser Massenmetzelei vieles, wofür Star Trek steht, gnadenlos über Bord. Man erkennt dieses Universum, das einem da präsentiert wird, als aufrechter Fan von Serien wie TOS und TNG nicht recht wieder. Der Dominion-Krieg (bei dem immer sehr stark darauf geachtet wurde, die ethisch-moralischen Dimensionen des Kriegs zu reflektieren und persönliche Gräuel eine Rolle spielten) ist ein harmloses Sandkastenspiel dagegen, und das Motto von der Erforschung unbekannter Zivilisationen und neuer Welten ist zu einem schlechten Witz verkommen.

 

Ich frage mich ja, was es bringen soll, dieses ganze Franchise auf den Kopf zu stellen, außer dass man damit bestimmt den harten Fankern und die aufrechten Trekker vergrault. Für all Jene zumal, die gehofft hatten, dass die Star Trek-Romane ein Kontrastprogramm zum eher gewalt- und zerstörungslastigen Gegenwartskino (einschließlich der modernen Star Trek-Inkarnationen auf großen und kleinen Leinwänden) bieten würden, gibt es eine herbe Enttäuschung. Ich frage mich: Hätte es nicht eine Alternative zum Töten unzähliger Milliarden intelligenter Lebensformen gegeben? Ganz sicher hätte es das! Hinzu kommt, dass ich - anders als in DS9, wo immer das Nachdenken über den Krieg und seine Folgen eine wichtige Rolle spielte - häufig den Eindruck habe, dass Tod und Verheerung hier in erster Linie der reinen, unreflektierten Unterhaltung dienen. Stellenweise wirkt das sehr platt und amerikanisch.

 

Ebenso wenig wie ich mein liebgewonnenes Universum wiedererkenne, erkenne ich zum Beispiel einen Charakter wie Jean-Luc Picard nicht wieder. Der Mann ist Sinnbild für das gute, alte Star Trek. In Destiny kommt Picard einfach nur noch zerrüttet, verzagt, zynisch, impulsiv und verbittert bis manisch herüber und steht abgesehen davon jeder sinnvollen Entscheidung schier immer im Weg. Es ist schon erkennbar, dass der traumatisierte und rachsüchtige Picard, den wir in Der Erste Kontakt sahen (und der damals durchaus eine nette Erfrischung war), hier zuungunsten des TNG-Picard weiterverfolgt wird. Trotzdem muss ich sagen: Ich persönlich möchte eine derart krasse Verwandlung des ehrwürdigen Sternenflotten-Captains, der mal für die besten Tugenden der geläuterten Menschheit stand, schlicht nicht sehen. Denkt man an Picards Pläne, eine Thalaron-Superwaffe entwickeln zu lassen, kann man getrost einen obendrauf setzen: In Destiny begegnet er uns als jemand, der jedes ethische und politisch vorausschauende Maß verloren hat, einem fehlgeleiteten Kriegstreiber und einem Mann, der Feuer mit Feuer bekämpfen will. Der kurze, aber einschneidende Dialog mit Geordi LaForge in Lost Souls belegt den Abgesang auf die Sternenflotten-Ideale, für die er einst stand. Für mich ist das alles schlicht out of character.

 

Und das ist wohl das Hauptproblem, das ich mit Destiny habe: Es wirft Star Trek, wie wir es in Dekaden lieb gewonnen haben, ideell einfach mal eben über den Haufen und hinterlässt in erster Linie Asche, eine anarchische, aus den Fugen geratene Milchstraße, die nichts mehr von verwegener Utopie hat, sondern viel mehr Gemeinsamkeiten mit unserer unvollkommenen Gegenwart (oder mit noch dunkleren Zeiten). Wer so etwas lesen möchte, sollte lieber direkt zum Original greifen. Bei mir jedenfalls stellt sich angesichts dieser Trilogie die Frage, warum ich Star Trek-Fan wurde. Wäre Star Trek immer so gewesen wie in Destiny, wäre ich es sicherlich nicht geworden.

 

So sehr ich das Grundkonzept der Trilogie ablehne, so sehr muss ich zugeben, dass zumindest am Ende des dritten Buches der humanstmögliche Ausgang gewählt wird: Die Borg werden nicht vernichtet, sondern befreit. Das ist eine Lösung, die das klassische Star Trek-Kredo zumindest teilweise rettet und mich - vor allem, da es so wunderbar und episch geschrieben ist - einigermaßen zufrieden stimmt. Das positive Ende hängt mit dem Handlungsbogen rund um die pazifistischen Caeliar zusammen, welcher über die drei Bände hinweg in steten Rückblenden entfaltet wird. Hier lernen wir, wer die Borg wirklich sind, was sie antreibt und wie sie entstanden sind. Das Hive-Bewusstsein beziehungsweise dessen wahre Natur steht dabei im Vordergrund.

 

Was mir in diesem Zusammenhang auch gefallen hat, ist, dass es Destiny tatsächlich gelingt, den lange diskutierten Widerspruch in der Darstellung der Borg – quasi-kommunistisches Kollektiv versus Diktatur – aufzulösen. In der Gegenüberstellung mit dem aus freien Individuen zusammengeschlossenen Kollektiv der Caeliar sind die Borg tatsächlich eine Diktatur, fremdbestimmt und gesteuert durch das Hive, dessen Kern eine vom Weg abgekommene, zum Selbstzweck lebende Ur-Caeliar-Seele ausmacht, auch ‚der Hunger‘ genannt. Selbst die Borg-Königin ist nur ausführende Instanz dieses unermesslichen psionischen Willens, der in all der Zeit das Kollektiv mit gnadenloser Konsequenz geformt hat.

 

Mir waren ein wenig zu viele Crews im Einsatz; der Crossover-Ansatz ist in Destiny definitiv überreizt. Viele Figuren wirbeln in dichter Folge durcheinander, und es wird mit Fortschreiten der Geschichte immer offensichtlicher, dass Mack zu wenig Platz für alle hat. Trotzdem macht er das Beste aus seinen Vorgaben. Persönlich hat mich die Geschichte rund um Captain Hernandez und die tragische Geschichte der Columbia, NX-02, am meisten von allen Handlungsbögen berührt und interessiert. Obwohl die Erzählung streckenweise etwas vor sich hindümpelt und gerade im zweiten Buch viele unnötige Längen aufweist (auch die fanatischen und klischeehaften MACOs haben mir eher missfallen), bietet sie die meisten Innovationen und Stärken im Rahmen der Destiny-Trilogie - und sie wirkt schlicht am lebendigsten. Am Ende sind die Menschen doch irgendwie ins Entstehen der Borg involviert, aber nicht so schlicht, wie man es vermuten könnte, und die V’Ger-Theorie ist auch (Gott sei Dank) endgültig vom Tisch. Trotz der Katastrophen und Leiden, die sowohl die Columbia-Überlebenden als auch die Caeliar-Kultur seit ihrem ersten gemeinsamen Aufeinandertreffen erleben, wird zuletzt doch etwas Gutes daraus. Hernandez gelingt es, die so weit fortgeschrittenen Caeliar zum Besseren zu verändern, indem sie sie dazu ermuntert, aus ihrem selbst auferlegten Isolationismus auszubrechen und sich einzumischen. Erst das ebnet den Weg zur Befreiung der Galaxis von der Geißel der Borg, und die Caeliar leiten anschließend sogar eine neue intergalaktische Mission des Friedens für sich ab.

 

Was bleibt von Destiny? Gutes bis absolut hervorragendes Schreibhandwerk, dramatische, kurzweilige Schlachten, ein toller Columbia-Plot und eine in jedem Fall interessante Darstellung der Entstehung des Borg-Kollektivs sowie dessen (friedlich-versöhnlicher) Abwicklung. Aber leider auch ein Star Trek-Universum in Trümmern. Ich fürchte, dass diese Abkehr vom letzten Endes friedlichen Star Trek, das (trotz Dominion-Krieg) immer eine bestimmte moralische Grenze gewahrt hat, langfristig mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Insofern werde ich bei Destiny meine Bauchschmerzen nicht los - ich glaube, dass es Star Trek ideell entkernt. Aber vielleicht bin ich auch einfach nur ein Trekker der älteren Generation. David Macks enormes schriftstellerisches Talent, ja seine geballte Schöpfungskraft, macht für mich dennoch eine Menge wett.

 

7/10 Punkten.

 

11-2010